Anamorphot

November 12, 2018
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November 12, 2018 elsaso

Anamorphot

Über die Jahre hinweg habe ich mir zwei anamorphote Setups zusammengestellt, eines mit High end Glas von Schneider Kreuznach für modernen Sci-Fi Look und ein Kowa für den Vintage Look mit goldenen Flares.

Aber wovon reden wir alle eigentlich immer, wenn wir Begriffe wie Anamorphot, 2.35, Cooke, Cinemascope usw. benutzen? Woher kommt die Begeisterung für dieses Format, das weitaus mehr ist als schwarze Balken oben und unten im Bild?

Wie so viele Dinge im Filmbereich (unter anderem Dollys und Gimbals) haben diese Linsen ihren Ursprung in der Militärtechnik.
In U-Booten und Panzern guckt man sich durch Periskope die Umgebung an. Dabei sind zwei Dinge wichtig:
Zum einen will der Beobachter natürlich Objekte in der Ferne gut erkennen. Und zum anderen will er selbstverständlich möglichst viel um sich herum sehen. Eine Optik mit zwei unterschiedlichen Brennweiten, eine etwas teligere und eine etwas weitere in der Horizontalen, wäre hierfür optimal. Und hier haben wir auch schon ein besonderes Merkmal der anamorphoten Optiken.

Das Bild wird in der Horizontalen gestaucht und für den Betrachter wieder entstaucht (destretched). 
Der Basketballkorb oben wird in der Kamera im 4:3 Bild aufgenommen, aber mit dem gleichen Bildinhalt.
Es sähe dann zusammengequetscht aus, um den Faktor 2x in diesem Fall. Wenn ich das Bild jetzt in der Horizontalen wieder entstauche, entsteht das breite Bild, so wie es oben zu sehen ist. Und jetzt kommt erst das Lustige. Die Brennweite betrug 50mm.
Ich habe aber jetzt durch die anamorphote Optik die doppelte Bildbreite in diesen Bildausschnitt gequetscht. Das heißt wenn ich das Bild am Ende wieder auseinanderziehe, habe ich in der Horizontalen eine Brennweite von 25mm, während die Vertikale weiterhin 50mm beträgt.
Es gibt verschiedene Stauchungsfaktoren, von 1.33x bis 2x.
2x harmoniert hier wunderbar mit 4:3 Sensoren, um ein Bild mit dem Seitenverhältnis 2,40:1 zu bekommen.
Für Kameras mit z.B. 16:9 Sensor wäre eher ein 1.33x stretch geeignet.

Für 35mm Analogfilm war das damals natürlich perfekt- jetzt konnte man das 4:3 Bildfenster auch für Breitbild nutzen, ohne “Auflösung” zu verlieren.
Es gab verschiedene Hersteller und Verfahren, unter anderem Panavision, Cinemascope usw.
Das 4:3 Filmmaterial wurde dann einfach über Projektoren, die ebenfalls mit anamorphoten Optiken bestückt waren, wieder entstaucht auf die Leinwand projiziert.
In digitalen Zeiten entfällt dies, und wir entstauchen das Material im Schnittprogramm und geben dann meist ein 16:9 Video mit schwarzen Balken oben und unten aus. Diese sind dann z.B. auch auf den Blu-rays zu sehen, während dies vorher im Kino auf einer Breitbildleinwand nicht der Fall war.

Aber da ist noch mehr…

Es gibt in der Tat viele weitere Eigenschaften, die anamorphotes Filmen ausmachen.
Am bekanntesten dürften die Lensflares sein. Ja ich weiß -viele hielten die breiten blauen Balken in Transformers für Bildfehler, aber nein, das waren anamorphote Lensflares.
Ich tue jetzt einfach mal so, als sei dies eine Liste, auf dem nächsten Punkt würde und wird dann das ovale Bokeh stehen.
Besonders gut ist das bei Lichtern zu sehen, die nicht im Fokus sind. Diese sind dann oval und nicht mehr rund wie bei sphärischen Linsen.
Weiterhin gibt es dann noch die typische Randunschärfe, ggf. eine leichte Vignette, aber auch eine Sache, die man gar nicht so richtig beschreiben kann, nämlich eine Art dreidimensionaler Bildeindruck.

Dieses Zusammenspiel von optischen Eigenschaften lässt sich logischerweise nur schwer in der Post simulieren, darum erkennt man eigentlich ziemlich schnell, ob ein Film mit anamorphoten Optiken gedreht oder im Schnitt “getrickst” wurde.

Sprechen Sie mich also gerne an, wenn wir Ihr Projekt “weiter” drehen sollen!